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2.5 Konzeptrahmen

Situationen des täglichen Lebens sind oft von einer stereotypen Struktur. Man denke zum Beispiel an einen Autounfall. Sofort assoziiert man damit eine Situation, in der ein Auto mit einem weiteren kollidierte, wobei es möglicherweise Verletzte gab; die Polizei wurde herbeigerufen und so weiter und so fort. In [Min75] wurde diese Beobachtung (sein Beispiel ist ein Kindergeburtstag) als Konzept für eine strukturierte Wissensrepräsentation unter dem Stichwort Konzeptrahmen oder kurz Rahmen (engl. frames) herangezogen.

Minsky kritisiert in dieser Arbeit die minutiöse, lokale und unstrukturierte Art der Wissensrepräsentationsansätze in der Intellektik und Psychologie und schlägt stattdessen vor, größere und strukturierte ``Brocken'' beim Schließen, bei der Sprache, dem Gedächtnis und der Wahrnehmung zu verarbeiten. Er wendet sich insbesondere gegen die Logik als geeignetem Wissensrepräsentationsformalismus (siehe den Anhang in [Min75]). Präzise Details zu seinem Ansatz bleibt er allerdings schuldig. Diese haben andere ausgearbeitet. Insbesondere zeigt [Hay85a] in überzeugender Weise, daß bei genauem Hinsehen wenig wirklich Originelles übrigbleibt: ``most of `frames' is just a new syntax for first-order logic''. Dies wollen wir uns nun genau ansehen und mit der Frage ``Was sind Konzeptrahmen?'' beginnen.

Ein Konzeptrahmen ist eine Datenstruktur oder, aus logischer Sicht besser, ein Ausdruck zur Repräsentation von stereotypen Situationen. Der Ausdruck trägt einen Namen. Weiter besteht er aus Schlitzen (engl. slots;gif andere Übersetzungsversuche sind ``Fächer'', ``Rubriken'', ``Sparten'', ``Eigenschaften'', ``Attribute'', ``Merkmale'' usw.). Die Schlitze selbst bestehen wiederum aus Unterteilen, die man Facetten nennt. In sie werden sogenannte Füllsel (engl. fillers; andere Übersetzungsversuche sind ``Werte'', ``Einträge'', ``Rollen'', ``Deskriptoren'' usw.) eingetragen. Die Schlitze enthalten mindestens eine Facette für den Namen (die Namensfacette) und eine Facette für den Wert (die Wertfacette); sie können aber noch weitere Facetten aufweisen, worauf wir weiter unten zu sprechen kommen. In der Namensfacette steht der Name des Schlitzes, in der Wertfacette im einfachsten Fall ein Bezeichner des Wertes, andernfalls der Name eines weiteren Konzeptrahmens. Es ist aber auch erlaubt, die Wertfacette leer zu lassen.

Betrachten wir (mit Hayes [Hay85a]) zum Beispiel den Konzeptrahmen, der ein typisches Haus repräsentiert. Sein Name sei Haus. Die Namen seiner Schlitze wären etwa Küche, Bad, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer, Besitzer, Adresse usw. Um ein bestimmtes Haus, nennen wir es R032, in seinen Details zu bezeichnen, muß man im einfachsten Fall Bezeichner als Füllsel für die Wertfacetten angeben. Nennen wir die Küche des Hauses F005 und das Bad F012, dann kämen diese als Füllsel in die Wertfacetten der entsprechenden Schlitze, was man auch als Instantiierung bezeichnet. Die genannte Instantiierung ist nachfolgend in der Weise dargestellt, wie sie für Konzeptrahmen gebräuchlich ist.

Logisch entspricht diesem teilweise instantiierten Konzeptrahmen die folgende Formel.

ist_ein_Haus(R032) ist_die_Küche_von(F005,R032)
ist_ein_Bad_von(F012,R032)
ist_das_Wohnzimmer_von(y,R032)

Mit anderen Worten, einem Konzeptrahmen entspricht eine Definitionsformel, in der die linke Seite durch die rechte definiert ist. Sie stellt die Beziehung der einzelnen Schlitze mit dem Gesamtrahmen her, der durch sie festgelegt ist. Die einzelnen Schlitze sind konjunktiv miteinander verknüpft. Jeder Schlitz erweist sich als ein zweistelliges Prädikat Pxy, das eine Beziehung zwischen dem Rahmenobjekt und dem Füllsel des Schlitzes herstellt; so wird im Beispiel das durch den Rahmen bezeichnete Objekt, für das wir irgendeine beliebige Bezeichnung, nämlich R032, gewählt haben, mit dem durch F005 bezeichneten Objekt in die Beziehung ``F005 ist die Küche von R032'' oder ist_die_Küche_von(F005,R032) gesetzt.

Allgemein gilt für ein durch einen Konzeptrahmen definiertes Konzept (im Beispiel ist es das Konzept ist_ein_Haus) in unserem einfachen Fall einer einzigen Wertfacette, deren Füllsel ein einfacher Bezeichner ist, vor der Instantiierung die folgende Beziehung.

Freie Variablen, wie hier das , sind als allquantifiziert zu betrachten, dh. man hat sich den Allabschluß zu denken. Äquivalent läßt sich diese Formel in zwei verschiedenen Varianten auch wie folgt schreiben.

Jede der beiden rechten Seiten dieser Gleichung, welche auch immer wir vorziehen, heißt eine Beschreibung des auf der linken Seite benannten Konzeptes. Anstelle von Konzept ist auch der Begriff strukturiertes Objekt gebräuchlich. wird auch ein generisches Konzept genannt, weil durch Instantiierung von eine Menge von individuellen Konzepten bestimmt ist.

Die Bezeichnung R032 tritt offensichtlich im Rahmenkonzept selbst überhaupt nicht auf. Vielmehr wird bei Rahmenkonzepten der sogenannte kriteriale (engl. criterial) Schluß erlaubt, daß nach Angabe aller Füllsel ein Ding dieser Struktur tatsächlich existiert und mit irgendeinem Namen versehen werden kann. Auch hierfür hat die Logik seit langem eine Ausdrucksform mittels des bekannten -Operators anstelle des bei generischen Konzepten verwendeten -Operators. In diesem Fall eines voll instantiierten Konzeptes spricht man dann, wie bereits erwähnt, von einem individuellen Konzept.

Ein wichtiger Punkt bei der Idee der Konzeptrahmen ist die Möglichkeit, daß die angegebenen charakteristischen Merkmale eines Konzeptes wie ``Haus'' nicht vollständig zu sein brauchen. Mit anderen Worten, sie sind notwendige Bedingungen, aber nicht unbedingt vollständig. Logisch bedeutet dies, daß in der ersten Definitionsformel nur der Pfeil von links nach rechts zu lesen bzw. in der zweiten Formel das Gleichheitszeichen durch eine Inklusion zu ersetzen ist. Eigentlich ist das aber eine Angelegenheit des auf-den-neuesten-Stand-Bringens der Wissensbank und nicht eine der Logik, so daß wir hier bei den angegebenen Formeln bleiben. Es sei an dieser Stelle nur erwähnt, daß man bei Wissensrepräsentationssprachen wie KL-ONE (siehe Abschnitt 2.8.1) zwischen primitiven Konzepten, wo der Pfeil nur in der einen angegebenen Richtung gilt, und definierten Konzepten, wo dann die Äquivalenz gilt, unterscheidet.

Transformiert man die erstere der beiden obigen Definitionsformeln in Hornklauselform, so ergeben sich die folgenden Klauseln. Man beachte dabei, daß die Funktionszeichen durch die in dieser Transformation miteingebaute Skolemisierung entstehen.

:- Kx.
:- Kx.
:- Kx.
Kx :- .

Im Beispiel wäre etwa die Skolemfunktion die Funktion Küche_von. Wie aus der Hornklauseltheorie bekannt ist, kann man die eine Richtung einer solchen Äquivalenz in den Interpreter verlagern, so daß der Rahmen im wesentlichen durch die letzte Klausel charakterisiert ist, die, im Sprachgebrauch von PROLOG, das Prädikat definiert.

Wie bei den assoziativen Netzen sind die zweistelligen Prädikate in der Definitionsklausel von in aller Regel funktional zu verstehen, dh. zu jedem Rahmenobjekt und jedem seiner Schlitze gibt es genau einen Wert. Die Definitionsklausel für kann in diesem Fall dann auch in folgender Weise formuliert werden.

Bis hierher haben wir uns auf den einfachsten Fall beschränkt, daß es nur zwei Facetten zu jedem Schlitz gibt und die Wertfacette jeweils mit einem einfachen Bezeichner gefüllt wird. Anstelle eines einfachen Bezeichners kann man auch den Namen eines weiteren Konzeptrahmens als Füllsel für die Wertfacette wählen. So könnte etwa das Füllsel für den Küchenschlitz im Konzeptrahmen Haus der Name moderne_Küche eines Konzeptrahmens sein, dessen Schlitze die Namen Herd, Bodenbelag, Kühlschrank, Spüle, Kacheln usw. tragen. Jeder dieser Schlitze kann wiederum den Namen eines weiteren Konzeptrahmens als Füllsel in seiner Wertfacette enthalten, zB. Elektroherd_mit_Backröhre im Schlitz Herd oder PVC-Belag im Schlitz Bodenbelag; oder das Füllsel kann aus einer einfachen Bezeichnung (wie oben das F005) bestehen. Ein Teil des so beschriebenen Beispiels ist durch die beiden folgenden Konzeptrahmen wiedergegeben.

Bei einer solchen hierarchischen Beschreibung eines Konzeptes wie unser Haus ergibt sich das individuelle Konzept eines eindeutig bestimmten Hauses erst nach der Instantiierung aller darunter liegenden Konzepte, wodurch sich für diese individuelle Konzepte aufgrund des kriterialen Schlusses ergeben. Die logische Bedeutung des Konzeptrahmens Haus ergibt sich dann natürlicherweise wie folgt.

Zu den hierin auftretenden Unterkonzepten müssen entsprechende Formeln angegeben werden, was dem Leser überlassen sei.

Der Konzeptrahmen Haus enthielt in seiner soeben angegebenen Fassung eine weitere Facette, in der im Schlitz Wohnzimmer das Füllsel Standard_Wohnzimmer angegeben ist. Damit haben wir ein weiteres Merkmal von Konzeptrahmen illustriert. Man kann in ihnen für jeden Schlitz Standardwerte angeben, die als aktuelle Werte herangezogen werden, wenn keine anderen explizit spezifiziert wurden. So ist in unserem Beispiel kein Eintrag in der Wertfacette des Schlitzes Wohnzimmer, so daß hier diese Regelung automatisch greift und eine Instanz eines Standardwohnzimmers als Wert herangezogen wird.

Die allgemeine Struktur eines Konzeptrahmens (bei diesem ersten Ansatz mit drei Facetten) ist also die folgende.

Eine der sprachlichen Varianten ist die folgende.

(Haus
WITH_A Name_von_Schlitz_1 IS_A Füllsel_1 (Standard_Füllsel_1) AND
WITH_A Name_von_Schlitz_2 IS_A Füllsel_2 (Standard_Füllsel_2) AND
usw.)

Wenn man von dem geometrischen Arrangement der Darstellung absieht, so wird dem geübten Auge sofort deutlich, daß es sich hier um eine Verfeinerung der Ideen handelt, die bereits bei den assoziativen Netzen behandelt wurden. Alles was zu einem Konzeptknoten wie Haus gehört, soll möglichst unmittelbar um ihn herum angeordnet werden, was Rahmen dieser Art genau bewerkstelligen. Die Schlitze übernehmen hier die Aufgabe der Kanten dort. Abbildung 2.10 verdeutlicht diesen Zusammenhang durch Angabe des assoziativen Netzes zu unserem Hausbeispiel. Die Verfeinerung besteht in der Angabe des Standardfüllsels und in weiteren Details, die wir im folgenden besprechen. Wegen dieses engen Zusammenhangs ist es auch nicht überraschend, daß sich Rahmen ebenso wie die assoziativen Netze leicht in prädikatenlogische Formeln übertragen lassen, was wir bereits erläutert haben. Der Vorteil einer solchen Übertragung, um dies auch hier wieder zu betonen, besteht darin, daß der dadurch gewonnene Anschluß an einen ausgefeilten Formalismus vieles frei Haus mitliefert, ua. eine klare Semantik der sprachlichen Konzepte.


Abbildung 2.10: Das zum Konzeptrahmen Haus gehörige assoziative Netz

Es ist nicht geklärt, inwieweit Beschreibungen allgemeinerer als der hier illustrierten Struktur in der Praxis erforderlich sind. Syntaktisch sind eine Reihe solcher Verallgemeinerungen denkbar, wie mehrstellige Prädikate, Formeln anstelle von Literalen in den Konjunkten und gemeinsames Auftreten von 's in mehreren Konjunkten.

Die Möglichkeit der Angabe von Standardwerten in Konzeptrahmen führt zu einem nichtmonotonen Verhalten beim Schließen mit einem derartigen System. Eine genaue Definition dieses Begriffes wird erst in Abschnitt 3.1 gegeben. Grob gesprochen heißt dies, daß neue Informationen (zB. eine genauere Angabe des Wohnzimmers im obigen Beispiel) möglicherweise die Revision von bereits getroffenen Schlußfolgerungen nach sich ziehen können (zB. das Vorhandensein eines Parkettbodens, was man in einem Standardwohnzimmer nicht angenommen hätte). Das gesamte Kapitel 3 ist dann der Behandlung dieser Form des Schließens gewidmet.

Auch wird man in Ermangelung genauerer Informationen aufgrund der Standardannahmen, aber auch beim Vorliegen von Ausnahmen, zu Schlußfolgerungen gelangen, die sich gegenseitig widersprechen (zB. könnte der Rahmen, der den Hausbewohner charakterisiert, als Standardannahme eine Abneigung gegen Teppichboden im Wohnzimmer enthalten, das Standardwohnzimmer aber Teppichboden suggerieren). Manche solcher Konflikte lassen sich aufgrund von Überlegungen hinsichtlich der Spezifizität solcher Schlußfolgerungen treffen. Solche Konfliktlösungen werden im nächsten Abschnitt 2.6, und in anderer Form im Kapitel 3, ausführlich besprochen. Aus diesen Darstellungen ergibt sich dann auch die logische Bedeutung von Standardwerten, so daß wir an dieser Stelle auf eine ausführlichere Erörterung verzichten können.

Wir haben bereits erwähnt, daß Schlitze auch aus mehr als drei Facetten bestehen können. Bisher kennen wir die Facetten für den Namen des Schlitzes, den Wert und den Standardwert. Eine weitere Facette kann den Typ des Wertes festlegen wie zB. den Typ ``natürliche Zahl'' oder ``Zeichenreihe''. Auch für die Einschränkung des Wertebereichs zum Beispiel durch Angabe des kleinsten und größten Wertes kann eine Facette vorgesehen werden. Logisch bedeuten zwei solche Facetten die Hinzufügung je eines Literals, in der die entsprechende Bedingung zum Ausdruck kommt, wie zB. des Literals zur Einschränkung des Alters eines Angestellten in einem Rahmen für die Mitarbeiter einer Firma. Weiter kann eine Facette einen Kommentar aufnehmen; logisch bedeutet dies die Hinzufügung eines Literals K(x,<text>), das entweder als immer wahr betrachtet wird oder als Axiom mit in die Wissensbasis aufgenommen wird. Zwei weitere mögliche Facetten können Informationen tragen, die der Akquisitionskomponente Hinweise geben, inwieweit ein eingetragener Wert auch auf andere Konzepte im Sinne des nachfolgenden Abschnitts zu vererben oder übertragen ist, bzw. ob er selbst von einem anderen Rahmen ererbt ist. Die logische Bedeutung dieser Vererbungsbeziehung wird im folgenden Abschnitt beschrieben. Eine Facette kann einen Parameterwert aufnehmen, in dem die Unsicherheit des so gespeicherten Wissens zahlenmäßig erfaßt wird (vgl. hierzu Abschnitt 4.4).

Schließlich gibt es noch eine ganz besondere Art von Facetten, die manchmal auch Dämonen oder angehängte Prozeduren genannt werden. Wann immer der Interpreter eine solche Facette im Rahmen einer Abarbeitung in Betracht zieht, wird die Abarbeitung eines kleinen Programmes ausgelöst. Dieses Programm kann eine Reihe von verschiedenen Funktionen erfüllen. Zum Beispiel kann es zusätzliche Bedingungen auf deren Erfülltsein beim Eintrag eines Wertes in die Wertfacette des Schlitzes abprüfen. Auch kann hierbei ein weiterer Wert berechnet und in die Wertfacette eines anderen Schlitzes eingetragen werden. Man denke etwa an die Berechnung des Alters einer Person aus der Angabe der Geburtsdaten. Diese Berechnung kann aber auch erst beim Zugriff auf die Daten ausgelöst werden. Eine solche Prozedur sprengt den bisher ins Auge gefaßten logischen Rahmen. In diesem engeren logischen Rahmen wird die Welt als unveränderlich aufgefaßt. Eine solche Prozedur verändert aber die Welt. Verallgemeinerte Logiken sind in der Lage, auch solche Veränderungen zu modellieren, was wir hier aber nicht im einzelnen behandeln wollen. Wir werden der Thematik wieder in Abschnitt 2.9 bei den Produktionssystemen begegnen und sie in Abschnitt 4.7 ausführlich besprechen.

Der Konzeptrahmenidee wohnt zweifelsohne eine große Attraktivität inne. Sie realisiert ein wichtiges Merkmal der menschlichen Art und Weise, Wissen um Konzepte herum zu organisieren. Bezeichnen wir dies als den kognitiven Aspekt von Konzeptrahmen. Diese Form der Organisation unterstützt aber auch die Effizienz der Verarbeitung, was wir als den implementatorischen Aspekt ansehen. Schließlich bietet diese Idee einen Repräsentationsformalismus, der im übrigen jedermann in der Ausprägung von Formularen wohlbekannt ist. Das letztere ist der repräsentatorische Aspekt, in dem eine bestimmte ontologische Sicht der Welt zum Ausdruck gebracht werden kann. Die Idee der Konzeptrahmen wurde daher inzwischen in mannigfachen Repräsentationssprachen realisiert, worauf wir in Abschnitt 2.8 noch ausführlicher zu sprechen kommen werden.

Während also die Idee der Rahmenkonzepte für die menschliche Organisation von Wissen in der Tat von großer Bedeutung ist (man denke nur noch einmal an die unentbehrlichen Formulare als eine Form der Rahmen), kann aus logischer und algorithmischer Sicht ein origineller Beitrag zur Repräsentation von Wissen nicht wirklich erkannt werden. Denn wie wir (bisher erst zum Teil) gesehen haben (und noch weiter sehen werden), läßt sich genau die gleiche Organisation mit logischen Operatoren erreichen, die schon Jahrzehnte früher, und zwar genau für solche Zwecke, in der Logik eingeführt worden sind.gif Hierzu müßte man in einer vollständigen Abhandlung natürlich noch weitere Details ausführen, wie etwa die Verwendung gleicher Prädikatsnamen in verschiedenen Rahmen mit unterschiedlicher Bedeutung, was etwa mit einer All-Quantifizierung über diese Prädikate logisch bewerkstelligt werden kann. Insoweit bietet die Konzeptrahmenidee unter dem kognitiven und dem repräsentatorischen Aspekt keine wirkliche Neuerung. Umgekehrt muß man feststellen, daß Rahmen nur einen Teil der Ausdrucksfähigkeit von logischen Grundformeln haben; insbesondere gibt es bei ihnen nichts Vergleichbares zur Disjunktion, um nur ein Beispiel zu nennen.

Es ist offensichtlich, daß auch die Abarbeitung in einer geeigneten logischen Realisierung keiner wie immer auch gearteten anderen Darstellung unterlegen ist, so daß auch dieser dritte Aspekt nicht zu einem besonderen Vorteil der Rahmenkonzepte herhalten kann. Warum auch sollte man bei so eng verwandten Darstellungen irgendeine Implementationstechnik der einen Darstellung nicht auch in der anderen verwirklichen können. In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, daß Hayes zB. das ``matching'' in KRL, einer der ersten auf Konzeptrahmen aufgebauten Repräsentationssprachen, als ganz normales logisches Schließen analysiert hat [Hay85a].

Autoren wie Brachman [Bra79] würden diese Behauptung der technischen Gleichwertigkeit wohl akzeptieren, aber dagegen halten, daß es um diesen Punkt gar nicht gehe. Entscheidend sei vielmehr die konzeptuell überzeugende Organisation von Wissen auf der epistemologischen Ebene. Logisch kann das nur heißen, daß man von syntaktischen Gebilden wie den oben definierten Beschreibungen halt Gebrauch machen soll. Beabsichtigt ist jedoch zudem, daß die Menge dieser syntaktischen Gebilde epistemologisch irgendwie eingeschränkt wird, was überzeugend bisher nicht gelungen ist. Ein Versuch in diese Richtung ist in KL-ONE gemacht worden, eine Sprache, die wir in Abschnitt 2.8.1 kurz besprechen werden.

Mit der Rahmenidee von Minsky und anderen sind Anstöße noch in weitere Richtungen als die bisher besprochenen gegeben worden. Einer ist bereits in Form der Standardwerte angeklungen. Dies wird im nächsten Kapitel unter dem Stichwort Ermangelungsschließen weiter ausgeführt. Ein weiterer Anstoß ist in Richtung Analogievergleiche gegeben worden (``der sieht aus wie ein Schwein''), was in [Hay85a] eingehend aus logischer Sicht analysiert wurde. Schließlich nennen wir das reflexive Schließen, das aus dieser Ecke neue Impulse gewonnen hat. Kurz, die eigentlich wichtigen Beiträge dieser Idee liegen in den von ihr hervorgerufenen Seiteneffekten.



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Christoph Quix, Thomas List, René Soiron
30. September 1996