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3.9 Konditionale und Relevanz-Logiken

In Abschnitt 3.1 haben wir eine Reihe von Alternativen zur Behandlung des Nichtmonotonie-Phänomens diskutiert. Als dritte Alternative wurde dort die Möglichkeit der Einführung eines neuen logischen Implikationsoperators genannt. Genaugenommen besteht diese Möglichkeit mindestens aus den beiden Alternativen, entweder den neuen Operator, , zusätzlich zum oder anstelle des klassischen Operators, , einzuführen. In diesem Abschnitt befassen wir uns mit Ansätzen, die diese beiden Alternativen verfolgen.

Als erstes behandeln wir konditionale Logiken [Lew73, Sta68, Ada75], die aus den Untersuchungen der Konditionalsätze in der natürlichen Sprache hervorgegangen sind. Ein repräsentatives Beispiel für einen solchen Satz ist ``Würde ich ein Zündholz an der Schachtel anstreichen, würde es sich entzünden''.

Äußerlich hat ein solcher Satz die Form . Es kann sich bei dieser Form der Implikation nicht um die materiale Implikation der klassischen Logik handeln, wie die folgende Erweiterung unseres Beispiels demonstriert. Denn sicher drückt auch der Satz ``Würde ich ein nasses Zündholz an der Schachtel anreiben, würde es sich nicht entzünden'' einen (normalerweise) wahren Sachverhalt aus. Dieser Satz hat aber die Form . Würde nun und gelten, dh. würde ich ein nasses Zündholz über die Reibefläche der Schachtel streichen, so würde das Zündholz sich natürlich nicht entzünden. Der modus ponens der klassischen Logik hingegen würde sowohl den Schluß auf (mit der ersten Regel) als auch auf (mit der zweiten Regel) ermöglichen.

Konditionale Logiken können demnach nicht mit der klassischen Logik übereinstimmen. Zudem müssen sie nichtmonotoner Natur sein. Denn gilt zusammen mit den beiden genannten Regeln, so läßt sich ableiten, was auch der natürlichen Intuition entspricht. Erfährt man nun zusätzlich den Sachverhalt , so sollte der Schluß auf zurückgezogen werden, um den Widerspruch zu vermeiden und der Intuition entsprechend stattdessen auf schließen zu können. Mit anderen Worten, eine Regel sollte dann anderen Regeln vorgezogen werden, wenn zur Erfüllung ihrer Vorbedingung spezifischeres Wissen notwendig ist.

Umgekehrt lassen sich unsere bisherigen Beispiele zur Nichtmonotonie auch konditional formulieren. So könnten wir die Regel in unserem Standardbeispiel 3.2 auch lesen ``Wäre ein Kind, so liebte es auch Eiscreme''. Mit anderen Worten, es muß ein enger Zusammenhang zwischen konditionalen Logiken und den in diesem Kapitel besprochenen nichtmonotonen Logiken bestehen.

In [Del87, Del88, Del92] wird eine konditionale Logik, , und in [GP92] ein weiterer konditionaler Formalismus zur Realisierung nichtmonotonen Schließens angegeben, die diesen Zusammenhang manifestieren, wenn auch Einzelheiten der Beziehungen noch nicht völlig geklärt sind. Wir wollen beide Ansätze hier kurz erläutern und damit diese Richtung des nichtmonotonen Schließens illustrieren.

Ein weiterer Vertreter einer Logik mit einer zusätzlichen, nichtklassischen Implikation ist die lineare Logik [Gir87]. Auf sie werden wir erst im Zusammenhang mit dem Planen in Abschnitt 4.7.5 zu sprechen kommen, da ihr Potential für das nichtmonotone Schließen bis heute nicht ausgeschöpft worden ist.

Abschließend erwähnen wir in diesem Abschnitt Ansätze, die Widersprüche tolerieren, allen voran die sogenannten Relevanzlogiken.





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Christoph Quix, Thomas List, René Soiron
30. September 1996