Zunächst kommen wir in diesem letzten Unterabschnitt auf einen Bezug der
Ermangelungslogik mit der Zirkumskription 3.5 zu sprechen. Wie
in [Eth88] gezeigt wurde, korrespondiert die variable Zirkumskription
eines Prädikats in
bei Variation aller anderen Prädikate zum
skeptischen Schließen mittels Ermangelungstheorien, deren Regeln die Gestalt
haben. Dieses Resultat gilt aber nur unter der Annahme der Bereichsabgeschlossenheit und eines vollständigen Wissens über das Gleichheitsprädikat. Im allgemeinen sind Zirkumskription und Ermangelungslogik nicht in der so skizzierten Weise ineinander überführbar. Zum einen ist es unmöglich, Gleichheit zu zirkumskribieren [EMR85], während dies mit Ermangelungstheorien ohne Probleme möglich ist. Dies hat zur Konsequenz, daß etwa die Annahme der Namenseindeutigkeit mit der Ermangelungslogik, aber nicht mit der Zirkumskription modelliert werden kann. Zum anderen gilt
was so auch erwünscht ist, wohingegen man mit Hilfe der Ermangelungstheorie
lediglich
und
ableiten kann.
Dieser Mangel bei der Ermangelungslogik wird in [Lif90b] dadurch
vermieden, daß man die einer Interpretation zugrundeliegenden Universen
explizit macht. Die freien Variablen in Ermangelungsregeln stehen dann für
Namen der jeweiligen Elemente eines Universums (und nicht für Terme über
der zugrundeliegenden Sprache wie bei Reiter). Dadurch können wir dann auch
aus obiger Ermangelungstheorie
ableiten. Der Trick dabei liegt in einer impliziten Kodierung der Annahme der
Bereichsabgeschlossenheit. Lifschitz konnte dann zeigen, daß
Zirkumskription ein echter Spezialfall seiner Variante der Ermangelungslogik
ist. Dieser Ansatz ist allerdings als ein rein semantischer einzustufen, da die
Einbeziehung von Elementen des Universums praktisch nicht realisierbar
erscheint.
In [Poo89] wurde ein Beispiel gegeben, dessen Behandlung mit der
Ermangelungslogik zu einem kontra-intuitiven Ergebnis führt. Die Faktenmenge
besteht aus Gebrochen(linker_Arm)
Gebrochen(rechter_Arm) und die einzige Regel lautet
Auch hier begegnen wir wieder der bereits im Abschnitt 3.5.4 besprochenen Problematik mit der Disjunktion. Die einzige Extension dieser Ermangelungstheorie enthält beide Fakten Brauchbar(linker_Arm) und Brauchbar(rechter_Arm), wohingegen der gebrochene Arm doch nicht einsatzfähig sein sollte. Darüber hinaus ist in [Mak89] festgestellt, daß die Ermangelungslogik nicht stabil bzw. kumulativ im Sinne der in Abschnitt 2.6.3 gegebenen Definition ist. Diese Mängel sind in [Bre91b] mit einer kumulativen Ermangelungslogik sowie in [Sch92] mit einer bedingten Ermangelungslogik behoben worden. Wie im vorangegangenen Unterabschnitt erwähnt, sind zu beiden Ansätzen in [Sch91, BS92] Semantiken angegeben worden. Mit einem Hinweis auf die ausführliche Behandlung der Ermangelungslogik in [Bes89a] wollen wir diesen Abschnitt beschließen.
Christoph Quix, Thomas List, René Soiron