gif gif up gif contents index
Nächste Seite: 3.5.1 Prädikatszirkumskription Vorige Seite: 3.4 Negation als Mißerfolg

3.5 Zirkumskription

Die Annahme der Weltabgeschlossenheit und die Prädikatsvervollständigung, die wir in den beiden Abschnitten 3.2 und 3.3 kennengelernt haben, lösen das in der Einleitung zu diesem Kapitel genannte Qualifikationsproblem auf eine relativ einfache Weise. Zu einer gegebenen (unvollständigen) Weltbeschreibung wird nach einem festen Verfahren aus Teilen von eine neue Formel bestehend aus einer Reihe von Einzelteilen gebildet, die zusammen mit als neue, vollständigere Weltbeschreibung angenommen wird.

Wenn wir uns an das zu Beginn dieses Kapitels gegebene Beispiel der Missionare und Kannibalen erinnern, so erscheint ein solches Vorgehen allerdings nicht allzu natürlich. Kein Mensch käme nämlich auf die Idee, im einzelnen durch eine solche Geschichte zu gehen und daraus noch weitere Aussagen zu extrahieren, um so zu einem vollständigeren Bild von der dargestellten Situation zu gelangen. Natürlicher wäre es, wenn derjenige, der die Aufgabe stellt, die Erzählung mit der Bemerkung ``und das ist alles'' (oder so ähnlich) schließt. Mit einer solchen Floskel pflegen wir auszudrücken, daß nun alles für die Geschichte Relevante gesagt sei, dem für die Lösung eben nichts mehr hinzugefügt werden dürfe. Könnte man eine solche pauschale Floskel nicht als logische Formel präzisieren und wie das vorher dem einfach hinzufügen? Nach dem, was wir in den vorangegangenen beiden Abschnitten bereits gelernt haben, müßte eine solche zusätzliche Formel alle Modelle mit Ausnahme von minimalen Modellen ausschließen.

Nicht nur wäre ein solcher Ansatz natürlicher als die beiden vorherigen Versuche, sondern er verspräche auch in Fällen anwendbar zu sein, in denen die bisherigen Techniken versagen. Denken wir zB. an eine Geschichte, die beginnt mit ``Stellt Euch irgend etwas Grünes vor''. Logisch entspricht dem ``irgend etwas Grünes'' eine Formel der Form . Auch hier macht es einen Sinn, nur das minimale Modell ins Auge zu fassen, das aus einem einzigen Objekt besteht, auf das zutrifft, während die gegebene Formel natürlich auch Modelle mit beliebig vielen solchen Objekten hat. Keiner unserer bisherigen Ansätze ist hierauf aber anwendbar. Für den speziellen Einzelfall ist es natürlich nicht schwer, eine entsprechende Formel, nämlich in diesem Fall, anzugeben. Gesucht ist jedoch ein Mechanismus für alle in dieser Weise lösbaren Fälle.

Darüber hinaus muß von einer tragfähigen Methode auch die Möglichkeit der Behandlung von Weltbeschreibungen verlangt werden, die inkonsistent sind, wozu unsere bisherigen Verfahren ebenfalls nichts beigetragen haben. Die Methode der Zirkumskription [McC80, McC86] (dh. Umschreibung, engl. circumscription) bietet Mechanismen, die all dies leisten können. Einige davon werden wir in diesem Abschnitt behandeln.





gif gif up gif contents index

Christoph Quix, Thomas List, René Soiron
30. September 1996