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3.5.3 Punktweise Zirkumskription

Während die bisher behandelten Formen der Zirkumskription von der Vorstellung der Prädikate als Mengen von Objekttupeln ausgehen, ist die in diesem Unterabschnitt betrachtete Variante aus der Vorstellung von Prädikaten als booleschen Funktionen entstanden, die in jedem Punkt eines Universums von Tupeln definiert ist. Demnach ist die punktweise Zirkumskription des Prädikats wie folgt definiert.

In diesem Fall betrachten wir also nur ein einziges Prädikat , während wie bisher ein Tupel von Prädikaten repräsentieren kann. Die Formel besagt also, daß es unter Variation von kein kleineres Prädikat geben kann, das sich von nur in einem einzigen Punkt unterscheidet (während wir in dieser Hinsicht bisher keinerlei Einschränkungen getroffen haben). Da diese Minimalitätsbedingung deshalb offensichtlich ein Spezialfall derjenigen bei der variablen Zirkumskription ist, folgt (zB. mit der Kontraposition) sofort der folgende Satz [Lif87].

impliziert .
Damit ist die Konsistenzfrage auf die der bisherigen Zirkumskription reduziert. In dem folgenden, in der Praxis besonders wichtigen Spezialfall gilt auch die Umkehrung [Lif87].

Wenn alle Vorkommen von in positiv sind, dann ist äquivalent mit .
Wie bereits erwähnt, ist die Voraussetzung des Satzes in der Praxis so gut wie immer erfüllt. Wenn keine variablen Prädikate auftreten, dann kollabiert die Formel der punktweisen Zirkumskription zu einer Formel der ersten Stufe. Unter der Voraussetzung des letzten Satzes ergibt sich in diesem Fall also ein weiterer Fall, in dem die Zirkumskription innerhalb der ersten Stufe durchgeführt werden kann. Insbesondere fällt unsere Formel aus der Einleitung zu diesem Abschnitt in diese Klasse; die dort gegebene logische Minimierung läßt sich jetzt mit der punktweisen Zirkumskription leicht streng formal herleiten. In [Lif87] wird diese kollabierende Formelklasse noch so erweitert, daß zu konjunktiv noch eine Formel mit ausschließlich negativ auftretendem zugelassen wird.

Zusammen mit dem folgenden Resultat [Lif87] ergibt sich aus diesem Satz nun noch, daß die punktweise Zirkumskription mindestens ebenso stark ist wie die variable Prädikatszirkumskription.

Ist ein neues Prädikat gleicher Stelligkeit wie , dann ist äquivalent mit .
In der ersteren Formel tritt nämlich nur positiv auf, so daß der vorherige Satz anwendbar ist, während die zweite Formel den allgemeinen Fall der variablen Zirkumskription (und eine triviale Definition) enthält.

Praktische Anwendungen, insbesondere auf dem Gebiet der Planung, haben eine noch weitergehende Verallgemeinerung der punktweisen Zirkumskription als erforderlich erwiesen. Ohne auf die Details noch im einzelnen eingehen zu wollen, zeigen wir im folgenden die entsprechende Formel [Lif87].

Hierin steht wie bisher für einen Vektor von Prädikats- und (hier auch von) Funktionszeichen. Minimiert wird allerdings nur über ein Prädikatszeichen, nämlich , und zwar durch punktweise Zirkumskription. Dabei können die übrigen Prädikate oder Funktionen wie bisher variieren, nun aber in explizit vorgegebenen Bereichen, dh. Prädikaten , die nicht ihren gesamten Gültigkeitsbereich umfassen müssen. Die Stelligkeit von ist die Summe der Stelligkeiten von und von . ist eine Abkürzung für oder kürzer

Mit anderen Worten, außerhalb des durch markierten Bereiches müssen die Prädikate und übereinstimmen. Sind alle diese Bereiche durch das konstante Prädikat true charakterisiert, dann geht diese verallgemeinerte Formel in die der normalen punktweisen Zirkumskription über, wie man leicht sehen kann.

Um wenigstens eine Idee von der Brauchbarkeit dieser zusätzlichen Möglichkeit zu geben, die Variationsbereiche einschränken zu können, denke man an Prädikate, unter deren Argumenten sich eines für die Zeit findet. Wie man an Beispielen leicht illustrieren kann, macht es nun durchaus einen Sinn, eine Minimierung mit Priorität für möglichst frühe (oder umgekehrt möglichst späte) Zeiten anzustreben. Genau solche argumentweisen Prioritäten, die nicht wie im vorangegangenen Unterabschnitt global die Prädikate als Ganzes betreffen, lassen sich mit diesen Bereichseinschränkungen ermöglichen.



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Christoph Quix, Thomas List, René Soiron
30. September 1996