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4.2 Metaschließen

Die zentrale in diesem Buch behandelte Aufgabe besteht darin, Wissen in einer Maschine formal zu repräsentieren und weiteres Wissen inferentiell daraus abzuleiten. Dies haben wir im bisherigen Teil des Buches in einer Reihe von Ansätzen ausführlich behandelt. Alle diese Ansätze waren mit der Vorstellung verbunden, daß das gespeicherte Wissen einen Ausschnitt aus der realen Welt repräsentiert. In diesem Sinne ``weiß'' die Maschine über diesen Ausschnitt der Welt Bescheid.

Diese Art des Wissens erscheint als eine notwendige Voraussetzung für intelligentes Verhalten; sie ist aber keinesfalls hinreichend dafür. Es fehlt zumindest der fundamentale Aspekt der Selbstreflexivität von menschlichem Wissen. Das soll heißen, daß der gewußte ``Ausschnitt aus der realen Welt'', wie wir oben sagten, auch das repräsentierte Wissen selbst sein kann. Um dies an unserem üblichen Beispiel zu erläutern, wenn ich weiß ``Larissa ist ein Kind'', dh. , dann weiß ich auch ``Ich weiß, Larissa ist ein Kind'', kurz .

Es stellt sich daher die Frage, wie man in einer Maschine das Wissen darüber repräsentieren kann, was diese Maschine weiß. Der eben gemachte naive Versuch mit ist in dieser oder ähnlicher Form in keiner der bisher in diesem Buch betrachteten Repräsentationssprachen zulässig, insbesondere nicht in der Prädikatenlogik erster Stufe. Wir werden daher in diesem Abschnitt zunächst eine geeignete Repräsentation von Wissen über Wissen besprechen. Statt vom ``Wissen über Wissen'' sprechen wir auch von Metawissen oder auch von Wissen auf der Metaebene zur Unterscheidung vom bisher betrachteten Wissen auf der Objektebene.

In der natürlichen Sprache unterscheiden wir das Wissen vom Glauben. ``Ich weiß, daß Larissa ein Kind ist'' drückt etwas anderes aus als ``ich glaube, daß Larissa ein Kind ist''; beides sind jedoch Metaaussagen, dh. Aussagen auf der Metaebene. Wir werden daher in diesem Abschnitt auch den Unterschied dieser beiden Metaprädikate charakterisieren. Auf weitere Metaprädikate dieser Art wie ``vermuten'', ``hoffen'', ``fürchten'', ``wünschen'', ``beabsichtigen'' usw., die propositionale Einstellungen (engl. propositional attitudes) repräsentieren, können wir jedoch nicht im einzelnen eingehen.

Der Mensch kann nicht nur wissen, was er weiß, sondern er kann auch mit Wissen über seine Fähigkeit zum logischen Schließen umgehen. Wie beim Wissen übers Wissen stellt sich auch hier die Frage nach dem Metaschließen, dh. dem Schließen auf der Metaebene, die wir ebenfalls in diesem Abschnitt besprechen wollen. Als Anwendung dieser Technik behandeln wir etwas ausführlicher die Frage, inwieweit Wissensbasen über das in ihnen gespeicherte Wissen selbst reflektieren und entsprechende Anfragen beantworten können.

Schließlich treten zusätzlich Fragestellungen hinsichtlich Repräsentation und Inferenz dann auf, wenn nicht nur ein, sondern mehrere Akteure im Spiel sind. Wie kann der eine Akteur über das Wissen und die Inferenz eines anderen Schlüsse ziehen? Mit dieser Problematik wird sich der letzte Teil in diesem Abschnitt beschäftigen.





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Christoph Quix, Thomas List, René Soiron
30. September 1996