Alle Ansätze zum nichtmonotonen Schließen, die wir in diesem Kapitel behandelt haben, gehen von der Vorstellung aus, alles zur Lösung eines gegebenen Problems nötige Wissen sei dem System bekannt. Beim alltäglichen Schließen ist die Situation jedoch oft so, daß zum Beispiel erst eine sich ergebende Inkonsistenz dazu führt, daß einer der Beteiligten weiteres Wissen ``auspackt'', das zur Vermeidung der Inkonsistenz beiträgt, indem es zum Beispiel einer von zwei sich widersprechenden Regeln eine höhere Priorität verleiht.
Dieser beim nichtmonotonen Schließen zusätzlich auftretende dynamische Aspekt steht im Mittelpunkt der sogenannten Begründungsverwaltungssysteme, BVS (engl. reason maintenance systems, RMS). Von ihnen wird nicht nur die Fähigkeit der Ableitung von Folgerungen aus dem vorliegenden Wissen erwartet, sondern sie sollen darüber hinaus in effizienter Weise die Revision des Wissens ermöglichen. Betrachten wir zur Illustration wieder unser vertrautes Beispiel in der Fassung des Abschnitts 3.3, dh. in Kurzfassung die folgende Formel.
Diese Formel bezeichnen wir wieder mit .
Wie üblich stellen wir die Frage, ob Larissa Eiscreme liebt. Ein Versuch, die Frage mit einem klassischen
Deduktionsverfahren zu beantworten, stellt sich im Falle der
Konnektionsmethode aus Abschnitt 2.3.3 wie folgt dar.
Der Übergang von mit
zu
mit
wird als
Abduktion bezeichnet, wobei in unserem Beispiel
die gegebene
Anfrage und
das
hinzugenommene Faktum darstellt. Aufgrund des
Deduktionstheorems [Bib87a]
läßt sich die Beziehung
äquivalent auch in der Form
einsetzen, von der wir weiter unten ausgehen werden. Die positive Beantwortung der Anfrage gelingt
also nach Durchführung eines solchen Abduktionsschlusses. Da ein
Abduktionsschluß jedoch nicht auf sicherem Wissen beruht, kann weiteres
Wissen bzw. weitere deduktive Einsicht den Schluß als voreilig entlarven.
Dann stellt sich die Aufgabe, alle Folgerungen rückgängig zu machen, die
von ihm abhängen, alle anderen jedoch beizubehalten.
Begründungsverwaltungssysteme
lösen genau die so gestellte
Aufgabe. In
unserem Beispiel könnte das so geschehen, daß wir die Anfrage
und das Literal
in der obigen Matrix mit der
Annahme
als Begründung markieren.
Christoph Quix, Thomas List, René Soiron