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2.11.1 Datenbanken

Wie wir in den vorangegangenen Abschnitten gesehen haben, spielen die in Abschnitt 2.3 definierten Grundaussagen in vielen Bereichen der Wissensrepräsentation eine wesentliche Rolle. Eine wichtige Teilmenge solcher Grundaussagen, nämlich die der atomaren Grundaussagen, läßt sich auch mit dem Formalismus der relationalen Datenbanken (siehe zB. [Bib87b]) in natürlicher Weise darstellen und effizient behandeln. Prädikatenlogisch ausgedrückt handelt es sich um diejenigen Formeln unter den Grundformeln, die insbesondere keine Disjunktionen (oder damit äquivalente Operationen wie die Implikation) enthalten. Wir erinnern daran, daß diese Operationen auch nicht in Sprachen wie KL-ONE zur Verfügung gestellt werden. Es ist daher nicht allzu verwunderlich, daß sich enge Beziehungen der bisher besprochenen Formalismen auch mit Datenbankformalismen auffinden lassen.

Wenn wir zB. das KL-ONE Konzept Nachricht der Abbildung 2.26 aus der Sicht von Datenbanken beleuchten, so zeigt sich, daß es zunächst ohne weiteres möglich ist, das Konzept Nachricht einfach als Datenbankprädikat etwa mit fünf Argumenten aufzufassen. Als Tabelle aufgefaßt hieße das, daß wir es mit fünf Spalten zu tun haben, deren erste zB. das Attribut ``Sendedatum'' repräsentiert, das, wenn es präzise genug angegeben ist, auch als Schlüsselspalte fungieren kann, die zweite das Attribut ``Empfangsdatum'', die dritte bis fünfte ``Sender'', ``Empfänger'' und ``Text''.

Nachdem die Datenbankspezialisten für ihren eingeschränkten Formalismus unschlagbar effiziente Abarbeitungsoperationen entwickelt hatten, ergab sich für sie ganz natürlich die Frage, ob sich diese Techniken nun auch über die Einschränkungen hinaustragen ließen. So hat sich in den vergangenen Jahren innerhalb des Gebiets der Datenbanken ein großes Interesse an Fragen entwickelt, die von den in den bisherigen Abschnitten besprochenen nur wenig verschieden sind. Gerade auf diesem Sektor könnte man von einer gewissen Konvergenz verschiedener Wissenschaftsgebiete sprechen, wovon etwa die Bände [BM86, ST88] zeugen.

Ein besonderes Interesse hat man in diesem Zusammenhang an taxonomischen Hierarchien gezeigt, also an der IS-A-Relation (Untermengen- und Enthaltenseinsrelation), aber auch an der TEIL-VON-Relation (die Beziehung der einzelnen Attribute zum Ganzen) und an Gruppierungsrelationen (engl. aggregation), mit denen Mengen von Teilklassen von Objekten eines Konzeptes mit diesem in Beziehung gesetzt werden. So wichtig diese sind, so muß man sich jedoch ihrer Grenzen bewußt sein, über die das Interesse der Intellektik weit hinaus geht. Man denke etwa an die in Abschnitt 2.6 besprochenen Ausnahmen bei Vererbungen, die in der Praxis leider allzu häufig sind und nicht unter diesen eingeschränkten Apparat fallen.

In diesem Zusammenhang sollte auch das sogenannte ``Entity Relationship Modell'' [Che76, Teo90] erwähnt werden. Als objektorientierter Formalismus konzentriert es sich wie KL-ONE auf Objekte (oder Entitäten), Attribute (oder einstellige Prädikatszeichen) und zwei- oder dreistellige Relationen, die netzartig dargestellt werden. Als wesentlicher Unterschied zu den Wissensrepräsentationssprachen wird in diesem Modell jedoch die Vererbungshierarchie nicht zu einer Effizienzsteigerung bei der Beantwortung von Anfragen ausgenutzt. Insoweit handelt es sich lediglich um einen relativ einfachen Teil der in diesem Kapitel behandelten Thematik. Während dies nicht als Schwäche interpretiert werden sollte, da ein genaues Studium dieses Spezialfalls sicher nützliche Einsichten bringt, ist es allerdings bedauerlich, daß die meisten Autoren innerhalb der Datenbankliteratur diese engen Beziehungen und die inhaltliche Konvergenz noch nicht zur Kenntnis genommen haben. So ist in dem Buch [Teo90] keine der in diesem Kapitel genannten Arbeiten zitiert. Auch ist das Wort ``Logik'' den meisten Datenbänklern offenbar nach wie vor ein Fremdwort, ungeachtet der Tatsache, daß das Objekt ihres Studiums einen eingeschränkten Logikkalkül darstellt.

Wir werden in Abschnitt 4.2.4 noch einmal auf eine wichtige Erweiterung von Datenbanken zu sprechen kommen, in der das Wissen der Datenbank über ihr gespeichertes Wissen formalisiert wird.



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Christoph Quix, Thomas List, René Soiron
30. September 1996