4.3
 Syntaxanalyse

4.3.1
 Konstituenz

Konstituenz 

Definition 4.3.1 (nach [Bussmann 2002]). Konstituente . In der strukturellen Satzanalyse [sog. Konstituentenanalyse] Bezeichnung für jede sprachliche Einheit (Wort, Wortgruppe) die Teil einer grösseren sprachlichen Einheit ist.

Definition 4.3.2 (nach [Bussmann 2002]). Ziel und Ergebnis der Konstituentenanalyse ist die Zerlegung eines sprachlichen Ausdrucks in eine hierarchisch definierte Abfolge von Konstituenten.

Definition 4.3.3 (Konstituenz). Konstituenz ergibt sich aus der unmittelbaren Dominanz und linearen Präzedenz zwischen Konstituenten.

Konstituenten in der annotate-Darstellung 


pict

Abbildung 4.2: Konstituenz, Dominanz und Präzedenz in NEGRA-Darstellung

Jedes Wort und jeder ovale Knoten repräsentiert eine Konstituente.

Konstituenten in der Balken-Darstellung 


pict

Abbildung 4.3: Konstituenz, Dominanz und Präzedenz in Balken-Darstellung

Quelle: http://www.cl.uzh.ch/siclemat/lehre/negra/s2.html


Konstituenten überspannen als Balken die von ihnen dominierten Tokens.

Annotation von Nominalphrasen (NP) 


pict

Abbildung 4.4: Beispielsatz mit allen zu annotierenden Nominalphrasen (NP)

Hinweise

Annotation von Präpositionalphrasen (PP) 


pict

Abbildung 4.5: Beispielsatz mit allen zu annotierenden Präpositionalphrasen (PP)

Hinweise

Annotation von Adjektiv- und Adverbphrasen (AP/AVP) 


pict

Abbildung 4.6: Beispielsatz mit allen zu annotierenden AP- und AVP-Knoten

Hinweise

Annotation von finite (S) und infiniten (Teil-)Sätzen (VP) 


pict

Abbildung 4.7: Beispielsatz mit allen zu annotierenden Satz- und VP-Knoten

Hinweise

Annotation von Relativsätzen 


pict

Abbildung 4.8: Beispielsatz mit allen zu annotierenden NP- und S-Knoten

Relativsätze gehören in die NP, auf die sie sich beziehen!

4.3.2
 Köpfe (oder Kerne) von Konstituenten

Syntaktische Köpfe (engl. head) / Kern (engl. kernel)  

Definition 4.3.4. Ein Kopf oder Kern einer Konstituente ist diejenige Unterkonstituente, welche die grammatischen Eigenschaften ihrer Mutterkonstituente bestimmt und von der die Geschwisterkonstituenten abhängig sind. Der Kern ist normalerweise nicht weglassbar (Weglassprobe).

Beispiel 4.3.5 (Welches ist der Kern der geklammerten Konstituenten?).

  1. Er [hält ihm den Ausweis unter die geschwollene Nase].
  2. Sie rennt [mit dem Mobile hantierend] zum Kiosk.
  3. Es wird [viel zu oft] telefoniert.
  4. [Die Frau, die zum Kiosk rannte, ] war aufgeregt.
  5. Sie fühlte sich [wie in einem schlechten Film].
  6. Aber sie war auch [in einem ziemlich schlechten Film].

Konstituententypen

Typen von Konstituenten in TIGER/NEGRA 

  1. (Teil-)Sätze (S) : Konstituente mit finiten Verbalkernen.
  2. Verbalgruppe, -phrase (VP) : Konstituente mit einem nicht-finiten (!) verbalen Kern.
  3. Nominalgruppe, -phrase (NP) : Konstituente mit Nomen oder Pronomen als Kern.
  4. Adjektivgruppe, -phrase (AP) : Konstituente mit Adjektiv oder adjektivisch verwendetem Partizip als Kern.
  5. Adverbgruppe, -phrase (AVP) : Konstituente mit Adverb als Kern.
  6. Präpositionalgruppe, -phrase (PP) : Konstituente mit Präposition oder Postposition als Kern.
  7. Konjunktionalgruppe, -phrase (PP) : Konstituente mit der Konjunktion “als” oder “wie” als Kern (aber nicht als Vergleichskonstruktion gebraucht): „Er fühlte sich als Gewinner.“

4.3.3
 Dependenz bzw. syntaktische Funktion

Dependenz und syntaktische Funktion 

Definition 4.3.6. Dependenz ist die syntaktische Relation der Abhängigkeit zwischen Konstituenten.

Definition 4.3.7 (frei nach [Bussmann 2002]). Syntaktische Funktion ist ein Sammelbegriff für Beschreibungsgrössen wie “Subjekt”, “Objekt”, “Prädikat”, “Adverbial”, “Attribut” u.a., welche nach Sprachtyp oder Grammatiktheorie unterschiedlich verwendet werden, um die Beziehung zwischen abhängigen Konstituenten zu bestimmen.

Hinweis

Innerhalb von Konstituenten ist die syntaktische Funktion des “Kopfes” fundamental, aber traditionell wenig explizit dargestellt.

Syntaktische Funktionen in der annotate-Darstellung 


pict

Abbildung 4.9: Syntaktische Funktion in der NEGRA-Darstellung

Jedes eckige Kästchen repräsentiert eine Funktion zwischen der dominierten und der dominierenden Konstituente.

Syntaktische Funktion in der Balken-Darstellung 


pict

Abbildung 4.10: Syntaktische Funktionen in Balken-Darstellung

Syntaktische Funktionen als Zwischenschicht zwischen sich dominierenden Balken.

Annotation von Funktionen in NP 


pict

Abbildung 4.11: Beispielsatz mit NP-internen Funktionen

Hinweise

Annotation von Funktionen in PP 


pict

Abbildung 4.12: Beispielsatz mit PP-internen Funktionen

Hinweise

Annotation der Funktionen in AP und AVP 


pict

Abbildung 4.13: Beispielsatz mit allen AP- und AVP-internen Funktionen

Hinweise

Annotation der Funktionen in S und VP 


pict

Abbildung 4.14: Beispielsatz mit allen S- und VP-internen Funktionen

Hinweise

Annotation der Funktion in Relativsätzen 


pict

Abbildung 4.15: Relativsatz mit allen internen Funktionen

Relativsätze haben die Funktion RC (relative clause).

Einige Satzglieder mit TIGER/NEGRA-Funktion 

Wichtige Gliedteile mit TIGER/NEGRA-Funktion 

4.3.4
 Koordination

Koordination, Konstituenz und Köpfe 

Definition 4.3.8. Koordination (Beiordnung) ist eine syntaktische Struktur, welche aus zwei oder mehr Konjunkten (Wörter, Wortgruppen oder Sätzen) besteht.

Beispiel 4.3.9 (Koordination von Konstituenten aus NEGRA-Korpus).

Problem

Was ist der Kopf von koordinierten Konstituenten? Die Konjunktion oder eine der koordinierten Phrasen? Keine richtige Entscheidung, denn es gibt die Konstituenten CS, CNP, CAP usw.

Annotation von koordinierten Konstituenten 


pict

Abbildung 4.16: Beispielsatz mit koordinierten Strukturen

Hinweise