Koordination
Prozesse umfassen typischerweise verschiedenartige Tätigkeiten, die untereinander im Zusammenhang stehen. Dabei werden für eine nachgelagerte Tätigkeit unter Umständen die Arbeitsergebnisse einer vorgelagerten Tätigkeit benötigt.
Die jeweiligen Tätigkeiten werden oftmals von verschiedenen Personen bzw. Organisationseinheiten ausgeführt. Diesbezüglich ist wichtig, dass die Ausführenden einer nachgelagerten Tätigkeit wissen, wann sie mit ihrer Arbeit beginnen können. Dies ist prinzipiell dann der Fall, wenn die Arbeitsergebnisse der vorgelagerten Tätigkeiten vorliegen. Dies muss den Akteuren bekannt sein. Dazu muss innerhalb eines Prozesses eine Koordination stattfinden. Diese erfolgt durch die Übermittlung von Informationen.
Mit Bezug auf die Nutzung von Informationssystemen werden die Arbeitergebnisse administrativer Tätigkeiten typischerweise in der Datenbank des Informationssystems abgelegt. Eine nachgelagerte Stelle holt sich die von ihr benötigten Informationen aus der Datenbank des Informationssystems ab. Auf diese Art entsteht eine indirekte Informationsübermittlung.
Abb. 22: Information und GeschäftsprozesseDie indirekte Informationsweitergabe über ein Informationssystem hat den prinzipiellen Nachteil, dass es sich um eine Pull-Nachricht handelt: Der Empfänger der Nachricht erhält diese nur, wenn er explizit danach fragt. Auf diese Weise könnte der Empfänger übersehen, dass ein für ihn wesentliches Arbeitsergebnis abgelegt wurde und er handeln müsste.
Eine alternative Informationsübermittlung besteht in einer Push-Nachricht, die der Sender dem Empfänger übermittelt. Dies ist etwa bei der Versendung einer E-Mail der Fall. Auf diese Weise wird der Empfänger unmittelbar darauf aufmerksam gemacht, dass er etwas tun muss.
Betrachtet man den Prozessablauf in EPK, dann erfolgt die Steuerung des Prozesses über die Ereignisse. Eine Funktion wird dann ausgeführt, wenn bestimmte Ereignisse vorliegen. In konventionellen Informationssystemen treten jedoch typischerweise keine "prozessualen" Ereignisse auf. Sie äussern sich vielmehr durch bestimmte Systemereignisse, wie etwa, dass bestimmte Daten eingegeben wurden. Diese sind somit prinzipiell der Auslöser von weiteren Handlungen.
In der Auftragsabwicklung gibt es mehrere Übergänge zwischen Handlungsträgern. Wir wollen hier den Übergang zwischen der Auftragsannahme, die durch den Vertrieb erfolgt, und der Warenausgabe, die durch die Lagerverwaltung vorgenommen wird, etwas näher betrachten. Das verbindende Element ist das Ereignis "Auftrag ist angenommen"; dieses entspricht aus der Perspektive der Lagerverwaltung dem Ereignis "Materialbedarf liegt vor". Das Ereignis kennzeichnet zum einen den Abschluss der Tätigkeit der Auftragsannahme und zum anderen den Beginn der Tätigkeit der Warenbereitstellung. Nun stellt sich konkret die Frage, wie die Lagerverwaltung von der Existenz eines neu angenommenen Auftrages erfährt, für den sie die Waren bereitstellen muss.
Abb. 23: KoordinationPrinzipiell bieten sich zwei Möglichkeiten: Zum einen muss die Lagerveraltung laufend in der Datenbank nach neuen Aufträgen suchen (Pull); der neu eingegebene Auftrag ist das relevante (System-) Ereignis. Die Suche nach neuen Aufträgen kann dadurch erleichtert werden, dass Aufträge nach Eingangsdaten (umgekehrt) sortiert angezeigt werden. Zum anderen kann der Vertrieb dem Lager eine explizite Nachricht zukommen lassen und so den neu angenommen Auftrag anzeigen (Push); die Nachricht ist dann das relevante Ereignis. Diese Nachricht liesse sich auch ausserhalb des Informationssystems übermitteln.