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Wortzusammensetzung (Komposition)
Definition 2.4.1. Die Komposition ist ein Wortbildungsvorgang, bei dem sich ein Erstglied (Stamm, aber auch Wortform) mit einem zweiten Stamm (Zweitglied) zu einem neuen Stamm zusammensetzt. Vom Erstglied abhängig kann dazwischen ein Fugenelement erscheinen.
Das Zweitglied bestimmt immer die Wortart und die Flexionsklasse.
Beispiel 2.4.2 (Nominal-Komposita).
Frage
Worum handelt es sich bei “Taugenichts”, “Nimmersatt” oder “«Ich bin Borat»-Kit”?
Fugenelemente
(a) wie Nominativ-Plural-Suffix (paradigmisch)
Schwester | Paar | Schwester-n-paar |
Uhr | Kasten | Uhr-en-kasten |
(b) wie Genitiv-Singular-Suffix (paradigmisch)
Bauer | Frau | Bauer-s-frau |
Jahr | Zeit | Jahr-es-zeit |
(c) Fugen-s (bei Feminina) (unparadigmisch)
Arbeit | Anzug | Arbeit-s-anzug |
Liebe | Brief | Liebe-s-brief |
(d) Tilgung von Schwa im Auslaut des Erstgliedes
Schule | Buch | Schul-buch |
Wortgrammatik und Betonungsverhältnis
Der Kopf, d.h. das morpho-syntaktisch und semantisch bestimmende Element, steht im Deutschen immer als Zweitglied. Allerdings trägt gerade das Erstglied den Wortakzent: “FRAUENfilmfest” vs. “FrauenFILMfest”.
Beispiel 2.4.3 (Hörbeispiel für Betonungsmuster in rekursiven Komposita).
[MORGAN und STOCKER 2007]
Semantische Klassifikation [BUSSMANN 1990]
Definition 2.4.4 (Derivation). Die Derivation ist ein Wortbildungsvorgang, bei dem normalerweise ein Stamm mit einem Derivationsaffix (Präfix, Suffix) verbunden wird.
Definition 2.4.5 (Derivationsaffix). Derivationsaffixe kommen nicht als selbständige Wörter vor. Derivationssuffixe können Wortartenwechsel auslösen, d.h. sie tragen Wortartinformation.
Innere Derivation
Derivation, bei der eine Lautveränderungen im Innern eines Stammes geschieht, wird manchmal “innere” Derivation genannt: “werfen” → “Wurf”, “fallen” → “fällen”.
Beispiel 2.4.6 (Suffigierung).
N → A : wissentlich, heilig
V → A : ausführbar, erklärlich, folgsam
A → N : Reichtum, Freiheit, Dichte
N → N : Menschheit, Freundschaft, Briefchen, Köchin
V → N : Lehrer
A → V : bleichen, faulen, steinigen
N → V : gärtnern, knechten, schneidern, buchstabieren
V → V : säuseln, hüsteln
Beispiel 2.4.7 (Präfigierung).
N : Unschuld, Misserfolg
V : entziehen, versprechen (sehr häufig)
A : unschuldig
Neoklassische Wortbildung
Die Neoklassische Wortbildung
ist ein produktiver Wortbildungsvorgang, bei dem ein lateinisches oder griechisches Wortbildungselement
(Formativ, auch Konfix genannt) mit weiteren Formativen oder Derivationsaffixen verbunden
wird.
Die Fugenelemente “o” oder “i” können auftreten.
Frage
Aus welchen Bestandteilen besteht das Wort “Morphologie”?
Der Duden-Grammatik [DUDENREDAKTION 2005, §994] nennt neoklassische Wortbildungselemente “Konfix”. Daraus ergeben sich dann Konfixkomposita und Konfixderivate.
Konversion, Kürzung, Zusammenrückung
Definition 2.4.9 (Konversion). Die Konversion ist ein Wortbildungsvorgang, bei dem Wortartenwechsel ohne Affigierung statt findet: “Frühstück” → “frühstücken”.
Definition 2.4.10 (Kürzung (engl. clipping)). Die Kürzung ist ein Wortbildungsvorgang, bei dem Wortanfänge (“Omnibus” → “Bus”), Wortenden (“Universität” → “Uni”) oder Wortmitten (“Fernsprechamt” → “Fernamt”) ausgelassen werden.
Definition 2.4.11 (Zusammenrückung). Die Zusammenrückung ist ein Wortbildungsvorgang, bei dem syntaktische Fügungen substantiviert werden: “Vergissmeinnicht”, “Taugenichts”.
Definition 2.4.12 (engl. root, auch Kern). Die Wurzel bezeichnet einen oder mehrere Teile einer Wortform, welcher nach Entfernung aller Flexions- und Derivationsbestandteile mit den Mitteln der Komposition nicht weiter analysiert werden kann.
Beispiel 2.4.13 (Wurzeln in deutschen Wörtern).
Beispiele (<-...-> = Wurzel):
Unwägbarkeiten übermenschliches veruntreust <-> <----> <--> ä xrmsten Fensterkreuz Haustürschloss <-> <-----><---> <--><-><-----> konnten vergräbst Weisheit <--> <--> <--> |
Hinweis: Wörter können mehr als eine Wurzel enthalten. Wurzeln müssen keinen existierenden Wörtern entsprechen.
Beispiele: Wortbildungsanalysen
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