Das Konzept des "Verschwindenden Computers"

Der Computer oder das, was allgemein unter dem Begriff „Computer“ verstanden wird, ist daran, sich grundlegend zu verändern. In den letzten 25 Jahren ist die Rechenleistung entsprechend dem Mooreschen Gesetz (Moore's Law) exponentiell gewachsen und gleichzeitig sind alle Komponenten von Computern kleiner geworden.

Neue Produktionstechniken erlauben immer grössere Datenmengen auf immer kleineren Raum zu speichern. Neueste Forschungsprojekte im Bereich der Nanotechnologien zielen sogar darauf ab, einzelne Atome so zu manipulieren, dass sie als Transistoren oder zum Speichern benutzt werden können.

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Nanotechnologie: Im Reich der Zwerge

Eine gute Einführung in die Welt der Nanotechnologie findet man auf der Website des Bayerischen Rundfunks unter http://www.br-online.de/wissen-bildung/thema/nano/index.xml)

All diese Entwicklungen erlauben eine immer stärkere Miniaturisierung.

Designer haben Computern parallel dazu neue Formen gegeben, die mit den grauen Kisten von früher oft nur noch wenig gemein haben. Gleichzeitig wandert Computertechnologie in immer mehr Geräte und wandelt dabei zunehmend sowohl seine Form als auch seine Rolle. Wo früher der Computer als Werkzeug auch physisch vor einem stand, ist heute oft nur noch seine (Dienst-) Leistung von aussen erkennbar. Der Computer ist - überspitzt gesagt – daran, zu verschwinden. Alltagsobjekte, die mit Computertechnologie angereichert werden (Smart Objects), sind dabei nur die neueste Ausprägung dieser Entwicklung.

Der Begriff des allgegenwärtigen Computers ("Ubiquitous Computing") geht zurück auf Mark Weisers Aufsatz "The Computer for the 21st Century". Mark Weiser beschreibt darin die Idee, dass Computer in Zukunft nahtlos mit der Welt verbunden sein werden und sie deshalb überhaupt nicht mehr als Computer wahrgenommen würden. Anstatt dass jedem Benutzer nur ein Computer zur Verfügung steht, spricht er von Hunderten von zu einem ubiquitären Netzwerk verbundenen Computern in jedem Raum. Er beschreibt eine Welt, in der sich in einem einzelnen Raum Hunderte von Computern unauffällig im Hintergrund aufhalten können. Diese Computer sind einzeln für sich genommen weder besonders leistungsfähig noch intelligent. Sie entfalten ihr Potenzial durch Vernetzung und die Tatsache, dass ihre Informationen und Services dadurch allgegenwärtig, also ubiquitär verfügbar sind.

Grundlage für eine derartige Entwicklung sind die in den vorhergenden Kapiteln beschriebenen Trends. Computer werden kleiner und leistungsfähiger (Moore's Law), Computer verschwinden in alle möglichen Gegenstände (Embedding und Tagging) und der Zugang zu Computern wandelt sich (multimodale Interfaces).

Der Computer verschwindet nach der Vision von Weiser zwar als Gerät, bleibt aber als informationsverarbeitende Funktionalität überall (daher die Bezeichnung "ubiquitär") verfügbar. Die Technik tritt dabei in den Hindergrund und wird Mittel zum Zweck. Dies dreht die Idee der virtuellen Realität komplett um. Anstatt die Realität im Computer abzubilden, werden Computer in der Realität abgebildet. Die Benutzer können sich also weiterhin in der ihnen vertrauten Umgebung zu bewegen und werden dabei diskret von der Informationstechnologie unterstützt (Broda, 2004) (Abb. 8).

Abb. 8: Der Trend hin zu Smart Objects (Quelle: Vorlesungsunterlagen Prof. Elgar Fleisch)Abb. 8: Der Trend hin zu Smart Objects (Quelle: Vorlesungsunterlagen Prof. Elgar Fleisch)

Eine Extremform der Zukunftsvisionen des Ubiquitous Computing ist Smart Dust. Ein Netzwerk aus unzähligen, winzig kleinen so genannten MEMS (Microelectromechanical Systems), die aus Sensoren, Speicher, einem Prozessor und einem Funksender/-empfänger bestehen. Die kleinsten funktionsfähigen MEMS messen heute noch 100-200 Kubikmillimeter. Das ist immer noch 100-mal mehr als die angestrebten 1 Kubikmillimeter. Ein einzelner dieser Partikel ist dabei von wenig Nutzen. Sie zeigen ihr Potenzial erst, wenn sie in grosser Zahl über weite Gebiete verstreut ein lückenloses Abbild der Realität erfassen. Mögliche Beispiele sind Metalldetektoren, die im Kriegsfall Verschiebungen von Panzern erkennen können. Denkbar ist aber auch eine Vielzahl anderer Überwachungsaufgaben (Koerner, 2003).

Neben der Grösse der einzelnen Partikel ist heutzutage auch die Energieversorgung eines der grössten Probleme. Mögliche Lösungsansätze gehen in die Richtung von Solar-, aber auch Nuklearenergie. Dies, in Verbindung mit möglichst effizienten Kommunikations-Algorithmen, welche die Anzahl Funkverbindungen und die damit zu überbrückenden Strecken weit möglichst optimieren (Koerner, 2003).