2.3.  Nachbardisziplinen

2.3.2 Kognitionswissenschaft
2.4 Krux
2.5 Vertiefung
2.5.1 Kontrollfragen

Nachbardisziplinen in Übersicht 

2.3.1.  Linguistik

Linguistik 

Definition 2.3.1 (Moderne strukturalistische Sprachwissenschaft nach [Bussmann 2002]). Die Linguistik (engl. linguistics) beschäftigt sich mit den verschiedenen Beschreibungsebenen der Sprache (gesprochene Sprache und Schrift ): Phonetik/Phonologie, Morphologie, Syntax, Semantik und Pragmatik.

Als moderne, synchron orientierte Sprachwissenschaft untersucht sie sprachliche Regularitäten und hält diese in expliziter (formalisierter) Beschreibungssprache und erklärenden Modellen fest.

Lautlehre: Phonetik und Phonologie 

Definition 2.3.2. Die Phonetik (engl. phonetics) ist die Lehre von der Lautbildung. Sie umfasst die artikulatorische, akustische und auditive Ebene.

Definition 2.3.3 (enger strukturalistischer Begriff). Die Phonologie (engl. phonology) ist die Lehre von den bedeutungsunterscheidenden Sprachlauten (Phonemen) und ihren regelhaften Eigenschaften und Beziehungen.

Beispiel 2.3.4 (Phonologische Regel der Auslautverhärtung).

  1. Dieb /di:p/
  2. Diebe /di:bə/

Exkurs: Internationales Phonetisches Alphabet (IPA)

Die Symbole zwischen den Schrägstrichen wie in “/di:p/” sind eine Lautschrift, d.h. ein schriftliches Notationssystem, welches die Lautform beliebiger Sprachen wiedergeben können soll. Die IPA-Notationen für die Laute des Standarddeutschen sind in [Carstensen et al. 2004, 156] erklärt.

Die IPA-Zeichen sind Teil des UNICODE-Standards (http://wwww.unicode.org), welcher alle Schriftsysteme der Welt wiedergeben können will.

Eine Kodierung, welche die IPA-Symbole mit Hilfe eines 7-Bit-ASCII-Zeichensatzes (Gross- und Kleinbuchstaben von a bis z, Ziffern, einige Interpunktionszeichen – jedoch keine Umlaute und andere exotische Glyphen) erlaubt, heisst SAMPA. Die Kodierung für /di:bə/ lautet darin: di:b@.

Wortlehre: Morphologie 

Definition 2.3.5. Die Morphologie (engl. morphology) ist die Lehre von der Struktur der Wörter und ihrer Bildung.

Beispiel 2.3.6 (Flexion).

  1. Dieb#e Dieb-Plural “Mehr als ein Dieb”.
  2. Dieb#e Dieb-Dativ “dem Dieb”

Satzlehre: Syntax 

Definition 2.3.7. Die Syntax ist die Lehre vom zulässigen (wohlgeformten) strukturellen Aufbau von Sätzen aus Wörtern, Satzgliedern (Subjekt, Objekt, Prädikat usw.) und Teilsätzen.

Beispiel 2.3.8 (Grammatikalität, d.h. syntaktische Wohlgeformtheit).

  1. Der gewitzte Dieb stahl den Diamanten.
  2. *Der Dieb gewitzte stahl den Diamanten.
  3. *Den gewitzten Dieb stahl den Diamanten.

Bedeutungslehre: Semantik 

Definition 2.3.9. Die Semantik (engl. semantics) ist die Lehre von der Bedeutung der Wörter (lexikalische Semantik), der grösseren syntaktischen Einheiten (Satzsemantik) und von Texten (Diskurssemantik).

Beispiel 2.3.10 (Sprachliche Varianz unter Bedeutungsgleichheit).

  1. Die Polizei beschlagnahmte das Diebesgut gestern.
  2. Das Diebesgut beschlagnahmte die Polizei gestern.
  3. Das Diebesgut wurde gestern von der Polizei beschlagnahmt.
  4. Die Beschlagnahmung des Diebesgut durch die Polizei war gestern.
  5. [Die Polizeii fasste die Täterin gestern.] Siei beschlagnahmte gleichzeitig das Diebesgut.

Lehre von der Sprachverwendung: Pragmatik 

Definition 2.3.11. Die Pragmatik ist die Lehre vom (Kommunikations-)Zweck der Äusserungen von Sprachnutzern und den Gesetzmässigkeiten natürlichsprachlicher Kommunikation in der Welt.

Beispiel 2.3.12 (Sprachliche Varianz unter Zweckgleicheit).

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2.3.2.  Kognitionswissenschaft

Kognitionswissenschaft 

Definition 2.3.13. Die Kognitionswissenschaft (engl. cognitive science) ist die interdisziplinäre Erforschung kognitiver Fähigkeiten durch Psychologie, Neurowissenschaft, Informatik, Linguistik und Philosophie. Zu den kognitiven Fähigkeiten werden etwa Wahrnehmung, Denken, Lernen, Motorik und Sprache gezählt.

Geschichte der Kognitionswissenschaft

Exzellenter Artikel in [Wikipedia 2009]

Turing-Test: Können Maschinen denken? 

Turing-Test im Original [Turing 1950]

The new form of the problem can be described in terms of a game which we call the ’imitation game’. It is played with three people, a man (A), a woman (B), and an interrogator (C) who may be of either sex. The interrogator stays in a room apart front the other two. The object of the game for the interrogator is to determine which of the other two is the man and which is the woman. He knows them by labels X and Y, and at the end of the game he says either “X is A and Y is B” or “X is B and Y is A”. […]

We now ask the question, “What will happen when a machine takes the part of A in this game?” Will the interrogator decide wrongly as often when the game is played like this as he does when the game is played between a man and a woman? These questions replace our original, “Can machines think?”

Reale Turing-Tests

Seit 1991 werden öffentliche Wettbewerbe (Loebner-Preis) mit Dialogsystemen gemacht, welche den Turing-Test bestehen wollen. Preisträgersysteme lassen sich teilweise im WWW direkt ausprobieren. [Wikipedia 2006] Das Ziel dieser Test lautet: Kann eine Maschine so antworten in einem Dialog, dass man sie nicht mehr von einem Menschen unterscheiden kann?