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Wissenschaftshistorische Motivation
Die Verwendung von Merkmalen in der modernen linguistischen Theorie geht zurück auf die Theorie der strukturalistischen Phonologie, wo die Analyse mit sogenannten «Distinktiven Merkmalen» zentral war.
Beispiel 14.1.1 (Merkmalsanalyse in der Phonologie).
Das Phonem /b/ = [+Verschlusslaut, +Bilabial, +Stimmhaft].
Beispiel 14.1.2 (Merkmalsanalyse in der Semantik nach Bierwisch).
Die Verwandschaftsbezeichnung «Cousin» [+Mensch, +verwandt, –direkt verwandt, +gleiche
Generation, +männlich, –weiblich ].
Beispiel 14.1.3 (Merkmalsanalyse in der Syntax nach Chomsky).
Die Hauptwortarten Nomen, Verben, Adjektive und Präpositionen «A» [+Verbal,+Nominal] oder «P»
[–Verbal,–Nominal].
Informationsorientierte Motivation
Zur Bedeutung von Merkmalstrukturen
Merkmalstrukturen beschreiben Mengen von Objekten , welche bestimmte Bedingungen (constraints) erfüllen.
Unterspezifikation
Je weniger Merkmal-Wert-Paare in einer Merkmalstruktur spezifiziert sind,
Beispiel: Gegenseitig rekursiv definierte Mengen
Gerade Zahlen
Ungerade Zahlen
Merkmalstrukturen gegenseitig rekursiv definiert
Definition 14.1.4 (Attribut-Wert-Struktur, attribute value matrix (AVM)). Die Menge der Merkmalstrukturen , welche sich aus einer Menge A von Merkmalen (Attributen) und V von atomaren Werten ergibt, lässt sich rekursiv angeben.
Merkmalstrukturen
Werte
Beispiel: Rekursive Konstruktion einer Merkmalstruktur M
Sei V = {sg,pl,1,2,3} und A = {AGR,NUM,PER}
Schritt | als Menge | in Matrix-Notation |
1 | M1 = ∅ | M1 = |
2 | M2 = M1 ∪{〈PER,3〉} | M2 = |
3 | M3 = M2 ∪{〈NUM,sg〉} | M
3 = |
4 | M = M1 ∪{〈AGR,M3} |
M = |
Definition 14.1.5 (markierter gerichteter Baum). Ein markierter gerichteter Baum ist ein gerichteter Baum T = 〈N,E〉. Er besitzt eine Markierungsfunktion für Kanten mE : E →A, welche jeder Kante eine Markierung aus A zuordnet. Sowie ein Markierungsfunktion für Knoten mN : N →B, welche jedem Knoten eine Markierung aus B zuordnet.
Definition 14.1.7 (Innere Knoten). Die inneren Knoten eines Baumes sind alle Knoten mit mindestens einem Nachfolger.
Merkmalstruktur als markierter gerichteter Baum
Beispiel 14.1.8.
T = 〈N,E〉 N = {n1,n2,n3,n4} E = {〈n1,n2〉,〈n2,n3〉,〈n2,n4〉}
mE = {〈〈n1,n2〉,AGR〉,〈〈n2,n3〉,PERS〉,〈〈n2,n4〉,NUM〉}mN = {〈n1,′′〉,〈n2,′′〉,〈n3,3〉,〈n4,sg〉}
Definition 14.1.9 (Baum einer koreferenzfreien Merkmalstruktur). Ein markierter gerichteter Baum T stellt eine Merkmalstruktur M dar, gdw. er folgende Eigenschaften erfüllt:
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