9.1.  Einleitung

9.1.1.  Ebenen

Zwei Ebenen

Ebene der Wortform (surface form)

Die konkrete orthographische oder phonetische Form eines Wortes.

Lexikalische Ebene (lexical form)

Die abstrakte Grundform mit kategorialen, morphosyntaktischen, morphotaktischen und weiteren lexikalischen Informationen.

Beispiel 9.1.1 (GERTWOL-Morphologieanalysesystem).

Qualitätsmäuse  
        "*qual~ität\s#maus"  S FEM PL NOM  
        "*qual~ität\s#maus"  S FEM PL AKK  
        "*qual~ität\s#maus"  S FEM PL GEN

Beispiel: Informationen auf der lexikalischen Ebene

Bei GERTWOL

"*qual~ität\s#maus" S FEM PL AKK

Demo und weitere Informationen zu den Informationen der lexikalischen Ebene unter http://www2.lingsoft.fi/doc/gertwol/intro/

Die Verknüpfung der zwei Ebenen

Verknüpfung

Die Zwei-Ebenen-Morphologie modelliert die Verknüpfung der beiden Ebenen durch endliche Transduktoren, d.h. als reguläre Relation.

Repräsentation der Ebenen

Die beiden Ebenen werden damit durch die obere und untere Sprache eines ET repräsentiert.


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Abbildung 9.1: Die Zuordnung der beiden Ebenen durch einen Pfad eines ET

Dekomposition der regulären Relation

Komplexität und ihre Reduktion

Wieso komplex? Es geht um die Verwaltung von Tausenden von Morphemen und ihrer zulässigen Kombinationen mitsamt ihren lexikalischen Merkmalen auf der lexikalischen Ebene gepaart mit den entsprechenden Wortformen.

Dekomposition der lexikalischen Ebene (Lexikon)

Erfassung morphotaktischer Regularitäten: Aufdröseln des Lexikons in Teillexika . Jedes Teillexikon kann als Fortsetzungsklasse eines (Teillexikon-)Eintrags gewählt werden.

Dekomposition der Verknüpfung der Ebenen (Zwei-Ebenen-Regeln)

Erfassung der (ortho-)graphischen und phonologischen Abweichungen der korrespondierenden Zeichen beider Ebenen. Jede Regel drückt eine global gültige Einschränkung zwischen Zeichenpaaren aus.

9.1.2.  Morphotaktik

Definition 9.1.2. Die Morphotaktik einer Sprache bezeichnet die Beschreibung der Kombinierbarkeit ihrer Morpheme (etwa Derivations- und Flexionsmorpheme, Komposition).

Beispiel 9.1.3 (Morphotaktik des Englischen [JURAFSKY und MARTIN 2000]).


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Abbildung 9.2: Morphotaktik des Englischen aus [JURAFSKY und MARTIN 2000, 70]


9.1.3.  Alternation

Orthographische und phonologische Abweichungen

Definition 9.1.4 (orthographical and phonological alternation). Die orthographischen und/oder phonologischen Abweichungen einer Sprache bezeichnet eine Familie von Phänomene, bei denen typischerweise an Morphemgrenzen kleine Modifikationen stattfinden.

Beispiel 9.1.5 (Alternationen des Englischen).

Abgrenzung zu Suppletiv-Formen

Ersatzformenbildung wie in «gut», «besser» oder «viel», «mehr» zählen nicht als Abweichung.

9.1.4.  Bidirektionalität

Bidirektionalität
Zwei-Ebenen-Morphologie erlaubt Analyse wie Generierung. In beiden Richtungen kann eine Eingabe mehrere Ausgaben erzeugen.


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Abbildung 9.3: Mehrdeutigkeit von Analyse und Generierung