2.2
 Flexion

2.2.1
 Der Begriff “Stamm”

2.2.2 Flexionsmerkmal
2.2.3 Flexionsparadigma
2.3 Wortbildung
2.3.1 Komposition
2.3.2 Derivation
2.3.3 Weitere WB
2.3.4 Wurzel
2.4 Computational M.
2.4.1 Typische Berechnungen
2.4.2 Anwendungen
2.5 Vertiefung

Flexion = Stamm + Endung 

Definition 2.2.1. Flexion bezeichnet die Bildung von unterschiedlichen syntaktischen Wortformen aus einem (Wort-)Stamm.

Flexionsendungen (Flexionssuffix)

In vielen (europäischen) Sprachen entstehen die Wortformen, indem Endungen an einen Stamm angehängt werden.


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Quelle: http://www.canoo.net

Abbildung 2.2: Wortform = Stamm + Endung

Definition 2.2.2 (Flexionsstamm (engl. stem)). Ein Wortstamm , kurz Stamm, ist der gemeinsame lexikalische Kern von syntaktischen Wortformen, welche um Flexionsendungen (selten Prä- und/oder Infix) gekürzt sind.

Beispiele: Deutsche Stämme 

Legende: <-...-> = Stamm, +...+ = Endung  
 
Unwägbarkeiten    übermenschliches  
<---------->++    <------------>++  
verliebst         schönstem  
<----->++         <--->  
ging              gegangen  
<-->                <-->  
die               Häuser  
?                 <---->  
brechenden        sähest  
<--->             <->  
<------>  
rote              bin  
<->               ?

Hinweis: Ob die Steigerung von Adjektiven tatsächlich als Flexionsphänomen betrachtet werden soll, ist durchaus diskussionswürdig.

Beispiele: Stamm-Endung-Analysen 


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Abbildung 2.3: Nominal-Flexionsparadigmen mit mehr als einem Stamm


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Abbildung 2.4: Ausschnitt aus Flexionsparadigma mit mehr als einem Stamm


2.2.2
 Flexionsmerkmal

Flexionsmerkmale und Flexionswerte 

Definition 2.2.3 (auch Flexionskategorie). Ein Flexionsmerkmal ist eine grammatische Kategorie, welche die Flexion in den syntaktischen Wortformen mit unterschiedlichen Werten ausgeprägt.

Definition 2.2.4 (auch morphosyntaktischer Merkmalwert). Flexionsmerkmalswerte sind sprach- und wortartenabhängige Ausprägungen von grammatischen Kategorien durch die Flexion.

Beispiel 2.2.5 (Flexionsmerkmal Kasus). Das Flexionsmerkmal Kasus kann in vielen Sprachen mit den Werten Nominativ und Akkusativ erscheinen.

Beispiel 2.2.6 (Kasus im Deutschen). Im Standarddeutschen können Substantive bezüglich Kasus mit den Flexionsmerkmalswerten Nominativ, Akkusativ, Dativ und Genitiv ausgeprägt sein.

Beispiel: Kasus im Ungarischen 


Kasus Wortform Bedeutung
Nominativ ház das Haus
Dativ háznak dem Haus
Akkusativ házat das Haus
Instrumental-Komitativ házzal mit dem Haus
Kausal-Final házért wegen des Hauses
Translativ házzá (wird) zum / zu einem Haus
Terminativ házig bis zum Haus

Tabelle 2.1: Kasussystem im Ungarischen

2.2.3
 Flexionsparadigma

Definition 2.2.7 (Flexionsmuster). Ein Paradigma ist eine Menge von syntaktischen Wortformen, welche zusammen ein Deklinations- oder Konjugationsmuster bilden.

Beispiel 2.2.8 (Substantivparadigma).


Wortform Kasus Numerus Genus




Gedanke Nominativ Singular Maskulinum
Gedanken Genitiv
Gedanken Akkusativ
Gedanken Dativ
Gedanken Nominativ Plural
Gedanken Genitiv
Gedanken Akkusativ
Gedanken Dativ

Frage: Wieviele Einträge umfasst ein Paradigma eines Adjektivs?

Exhaustive vs. distinktive Analyse 

Exhaustive Analyse nach [HAUSSER 2001, 246]

Jede mögliche Kombination von Flexionsmerkmalswerten wird als einzelne Analyse zurückgegeben, auch wenn die Wortformen sich nicht unterscheiden.

Distinktive Analyse nach [HAUSSER 2001, 246]

Es werden nur solche Analysen zurückgeliefert, wo sich die Wortformen (grundsätzlich) unterscheiden. Deutsche Adjektive nur 18 verschiedene Formen.

Beispiel 2.2.9 (Grade von Exhaustivität bei Analysen von „schnelle“).