Track 7: Theorie und Methodik der Wirtschaftsinformatik

Die Wirtschaftsinformatik ist forschungsmethodisch und paradigmatisch durch eine erhebliche Diversität der Ansätze gekennzeichnet. Status und Formen der Theoriebildung wie auch die Konzeptualisierung des Gegenstandsbereichs (das „IT Artefakt“) sind nach wie vor Gegenstand der Fachdiskussion. In der angelsächsischen Schwesterdisziplin ‚Information Systems‘ ist der bisher dominierende positivistisch ausgerichtete organisations- und verhaltenswissenschaftliche Grundkonsens einerseits durch eher interpretative Ansätze und andererseits durch den Ansatz der ‚Design Science’ und damit einer ingenieurwissenschaftlichen Perspektive in Frage gestellt worden. Die bisherigen Konzeptionen von ‚Design Science‘ thematisieren jedoch nur in unzulänglicher Weise die für die Wirtschaftsinformatik  konstitutive Interaktion zwischen Organisation und Technik.

Vor diesem Hintergrund beabsichtigt dieser Track den forschungsmethodologischen und wissenschaftstheoretischen Diskurs innerhalb der Wirtschaftsinformatik zu beleben. Wir sind insbesondere an Arbeiten interessiert, die für das Spezifikum der Wirtschaftsinformatik – die Gestaltung von IT-Systemen im Wechselspiel mit ihrer organisatorischen Aneignung – tragfähige wissenschaftstheoretische Grundpositionen formulieren und forschungsmethodische Orientierungen reflektieren.

Die skizzierten Grundfragen manifestieren sich in einer Reihe konkreter Herausforderungen. Exemplarisch seien hier fünf genannt:

  • Implikationen der Interaktion von Organisation und Technik für die Gestaltung von IS. Während der Design Science Ansatz diesbezüglich unterspezifiziert ist, ist dessen kritische Prüfung, Weiterentwicklung oder Ausdifferenzierung zu untersuchen.
  • Forschungsmethoden für Längsschnittuntersuchungen. Aus forschungspragmatischen Gründen begnügen sich viele Untersuchungen mit Momentaufnahmen. Demgegenüber sind aber viele Fragen der Gestaltung und Aneignung von IT-Artefakten nur im Zeitverlauf sinnvoll zu klären.
  • Möglichkeiten und Grenzen der Übertragbarkeit bzw. Generalisierbarkeit von Ergebnissen. Je nach wissenschaftstheoretischer Grundposition stellt sich das Problem in unterschiedlicher Schärfe: Je abstrakter das IT-Konstrukt konzeptualisiert wird, umso breiter ist sein potenzieller Einsatzbereich. Demgegenüber betonen konstruktionsorientierte und interpretative Ansätze den engen Bezug zum Anwendungskontext, der Übertragbarkeit nur sehr begrenzt ermöglicht.
  • Wissenschaftstheoretische Herausforderungen prospektiver Aussagen. Technology Assessment, Foresight Studien oder Technologiefolgenforschung sind z.T. diskreditiert, es besteht aber erheblicher Bedarf Verlaufsformen von Technikentwicklung und -aneignung zu antizipieren. Die paradigmatischen, theoretischen und methodischen Grundlagen prospektiver Forschung verdienen deshalb eine breitere Diskussion.
  • Praxis und Werte der Wissenschaft. Leitbilder wissenschaftlichen Arbeitens im Spannungsfeld inhaltsfreier Performancemessung und dem Primat wirtschaftlicher Relevanz.

Themenfelder

  • Theoriebildung in der Wirtschaftsinformatik
  • Design Science und deren Kritik
  • Konzepte der Interaktion von Organisation und Technik
  • Anwendungskontext und Generalisierbarkeit
  • Verhältnis Sozial- und Ingenieurwissenschaft (Design)
  • Methodische Implikationen interdisziplinäre Forschung
  • Herausforderungen des interdisziplinären Diskurses mit VWL, Informations- und Rechtswissenschaft
  • Multimethodische Ansätze
  • Aktionsforschung in der WI
  • Living Labs
  • Längsschnittuntersuchung
  • Konzeptionen von Technikaneignung
  • Konzeptionen von Privatheit
  • Herausforderungen prospektiver Forschung
  • Technikfolgenforschung

Track Chairs

Associate Editors

  • Christiane Floyd, Universität Hamburg, Deutschland
  • Ulrich Frank, Universität Duisburg-Essen, Deutschland
  • Franz Lehner, Universität Passau, Deutschland
  • Ulrich Müller-Funk, Universität Münster, Deutschland
  • Björn Niehaves, Universität Münster, Deutschland
  • Volkmar Pipek, Universität Siegen, Deutschland
  • Kai Riemer, University of Sydney, Australien
  • Markus Rohde, Universität Siegen, Deutschland
  • Kjeld Schmidt, Copenhagen Business School, Dänemark
  • Gunnar Stevens, Universität Siegen, Deutschland
  • Alexander Teubner, Universität Münster, Deutschland
  • Ina Wagner, TU Wien, Österreich
  • Hannes Werthner, TU Wien, Österreich
  • Oliver Wendt, TU Kaiserslautern, Deutschland



 

 


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